Vendée Globe: So feiert Boris Herrmann Weihnachten allein auf hoher See
Mitten auf dem Ozean, die Familie weit weg in Hamburg: Boris Herrmann erlebt bei der Solo-Weltumseglung Vendée Globe inmitten des Südpolarmeeres an Bord seiner Malizia - Seaexplorer spezielle Festtage. Weihnachtlich ist es trotzdem.
Pünktlich zu Weihnachten gönnt das raue Südmeer Boris Herrmann eine kleine Verschnaufpause. "Der Wind ist etwas mäßiger, der Himmel etwas weniger grau und die Wellen sind etwas kleiner", vermeldete der Hamburger von Bord der Malizia - Seaexplorer. "Wir können erwarten, ohne Stress durch diesen Tag zu kommen und uns etwas unseren Familien zuwenden."
"Wir", damit meint der 43 Jahre alte Familienvater eine ganze Gruppe von Solisten, die sich aktuell "sozusagen in Rufweite" (Herrmann) befindet.
Der fünfmalige Weltumsegler liegt nur 40 Seemeilen (74 Kilometer) hinter seinem ehemaligen Navigator Nicolas Lunven (Holcim - PRB) auf dem siebten Platz, nach hinten haben der Brite Sam Goodchild (Vulnerable), der Franzose Paul Meilhat (Biotherm) und Titelverteidiger Yannick Bestaven (Maitre CoQ V) ebenfalls nur zwischen rund 25 und 50 Seemeilen Rückstand auf den gebürtigen Oldenburger, während das Spitzenduo Yoann Richomme (Paprec Arkéa) und Charlie Dalin (Macif Santé Prévoyance) sogar bereits in Rekordzeit das legendäre Kap Hoorn passiert hat.
Herrmann: "Komme gut klar mit dem Rennen"
Sie alle sind Konkurrenten, natürlich, aber auch Kumpel und Schicksalsgefährten nahe der Eisgrenze. "Wir schreiben uns gegenseitig und wünschen uns schöne Weihnachten", berichtete der Malizia-Skipper, der im Vorfeld die Einsamkeit mit am meisten gefürchtet hatte. Bei seiner mit Platz fünf sehr erfolgreichen Vendée-Premiere vor vier Jahren hatte sie ihm arg zugesetzt.
Immerhin: Point Nemo, den Punkt auf der Welt, der am weitesten von jedem Festland entfernt ist, hat er schon hinter sich. "Ich bin insgesamt besser drauf und komme gut klar mit dem Rennen. Das ist für mich persönlich gesehen schon ein großer Erfolg", sagte er.
Weihnachtsbaum aus Filz und ein herzhafter Eintopf
Nach stressigen Tagen in chaotischer See, einem Schreckmoment mit einer Beinahe-Kenterung und vielen Manövern will es sich Herrmann an den Feiertagen hübsch machen an Bord. Ein Teddy mit roter Zipfelmütze steht auf einer Ablage neben seinem Adventskalender, pünktlich zum Fest erlebte er vor wenigen Tagen erstmals Schnee auf hoher See.
"Ich habe einen kleinen Weihnachtsbaum an Bord aus Filz, den man auch dekorieren kann, Geschenke und wie auch bei der letzten Vendée Globe ein spezielles Weihnachtsgericht", erzählte er. Zur Feier des Tages gibt es Cassoulet, einen herzhaften französischen Eintopf. "Ich werde mir den Tag schön gestalten und denke an die Lieben daheim."
Blick auf Kap Hoorn bei Tageslicht?
Nach einer enttäuschenden und verhängnisvollen Phase zu Beginn im Atlantik ist der Weltumsegler nun darauf fokussiert, seine Platzierung weiter zu verbessern. Die beiden ersten scheinen in permanent besseren Winden uneinholbar enteilt - aber was passiert dahinter? Noch ist es ein weiter Weg bis zum Start- und Zielhafen Les Sables-d'Olonne.
Kap Hoorn ist die nächste große Landmarke, ein Sehnsuchtsort für Herrmann auch bei seiner siebten Passage, den er noch in diesem Jahr erreichen dürfte. "Mein größter Wunsch ist es, Kap Hoorn zu sehen, durch die Straße von Le Maire zu segeln und mehr Land zu sehen. Vielleicht sogar ein paar schneebedeckte Gipfel, die ich nur einmal gesehen habe, das war 2009." Es wäre wohl das schönste nachträgliche Weihnachtsgeschenk.